Je kleiner, desto besser – Wandel im Wohnwagen- und Reisemobilsegment
Das Angebot an kompakten Caravans und Wohnmobilen wird immer größer. Immer mehr Produzenten versprechen gleichbleibenden Wohnkomfort, der jedoch mit weniger Platz einhergeht. Andere Hersteller preisen hingegen offensiv den Verzicht an.
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Bei Wohnwagen ist weniger oft mehr
In den Augen von Bayram Koc – dem Geschäftsführer von Kaiser Fahrzeugbau – gibt es eine ganz deutliche Devise. Seiner Meinung ist „das Entscheidende nicht die Größe, sondern vielmehr das Wesentliche“. Bereits seit mehreren Jahren forciert Koc den Trend in Richtung Schrumpfkur.
Ein gesteigertes Interesse an kleineren Fahrzeugen kristallisiert sich seit mehreren Jahren heraus.
Dieser Wandel geht auch nicht spurlos an der Caravan- und Reisemobilbranche vorbei.
Der Teardrop Caravan als Paradebeispiel für Mini-Caravans
Bis zum Jahr 2015 ging Koc mit einem Prototyp des Teardrop Caravan auf Tour, bis ein Jahr später das erste handgefertigte Verkaufsmodell präsentiert wurde. Die Rede ist von einem tropfenförmig konzipierten Wohnwagen, der nicht größer als ein Kleinstwagen und dennoch wesentlich kompakter als ein gewöhnlicher Kleinstwagen ist. Bereits seit mehreren Jahren lässt der Caravaning Industrie-Verband verlauten, dass immer kompaktere Kfz die Fahrzeugwelt erobern.
Doch nun spitzt sich diese Entwicklung nach Aussagen des CIVD-Geschäftsführers Daniel Onggowinarso zu. Seiner Meinung nach ist es offensichtlich, dass immer mehr Menschen im Urlaub den „Roadtrip-Charakter“ bevorzugen und nicht die gesamte Urlaubszeit an einem Ort verbringen möchten. Für diesen regelmäßigen Ortswechsel empfehlen sich kompaktere Fahrzeuge, die mit einem besonders einfachen Handling überzeugen.
Konkurrenzmodelle aus vielen Ländern
Koc betont in diesem Zusammenhang, dass Kfz in markanter Teardrop-Form bereits in den 1940er Jahren über US-amerikanische Straßen rollten. In Deutschland war das durch Kaiser Fahrzeugbau realisierte Projekt allerdings ein Novum. Ein möglicher Konkurrent ist der Kulba Teardrop, der mit einer Länge von nur 3,34 Metern in Lettland produziert wird.
Weitere Konkurrenzmodelle werden in der Türkei sowie Tschechien gebaut. Zudem hat Adria den Aviva 360 DD zum Preis ab 11.900 Euro im Programm. Ohne Deichsel ist dieser Camper 4,14 Meter lang und leer nur 740 Kilogramm schwer. Im Innenraum befinden sich eine Duschwanne, eine Kassettentoilette sowie drei Schlafplätze.
Kleinere Abmessungen bedeuten nicht unbedingt Verzicht
Der Caravan-Zwerg Coco des Anbieters Dethleffs ist mit einer Aufbaulänge von 4,60 Meter etwas länger. Mit einem Leergewicht von ungefähr 700 Kilogramm sowie einem Preis von 18.800 Euro ist der Camper in zwei Schlafplätze und einen Wohnraum unterteilt. Zudem ist in den Caravan ein Bad integriert, das jedoch nur einer Kassentoilette und sowie einem platzsparenden Kippwaschbecken besteht.
Der im Retrodesign angefertigte Touring von Eriba unterschreitet ebenfalls die Fünf-Meter-Marke und ist in bis zu vier Schlafplätze unterteilt.
All diese Modelle verbindet eine Gemeinsamkeit. Sie zeigen auf, dass kleinere Abmessungen nicht unbedingt Verzicht bedeuten.
Neuigkeiten aus dem Vanbereich
Im Vanbereich siedeln sich aktuell immer mehr Produzenten von Basisfahrzeugen an. Ein Beispiel ist der Pössl-Umbau des Citroen Spacetourer, der als Alternative zum VW California als Campster mit einem Aufstelldach zur Verfügung steht. Bei Fiat geht nicht nur der Ducato als Van an den Start. Zugleich ist der Kleinbus Talento als Camper von Karmann Mobil im Angebot.
Neues gibt es ebenfalls von der Marke Nissan, die den Lieferwagen NV300 als Campingwagen mit Küchenzeile sowie Bettmodul zum Verkauf anbietet. Dadurch zeichnet sich ein Trend ab, der nach Meinung von Onggowinarso auf der doppelten Nutzbarkeit beruht. Einerseits sind Wohnmobile auf Van-Basis besonders gut als größere Reisemobile und andererseits für den Alltag geeignet. Schließlich spricht mit diesen Kfz nichts dagegen, mit den Mobilen ebenfalls den Wocheneinkauf zu erledigen oder Kinder zum Training zu fahren.
Optional erhältliche Küchensets
Eine Fahrzeuggattung tiefer erweitert sich das Campingangebot ebenfalls. Beispielsweise preist VW den nur 4,53 Meter kurzen Caddy Beach samt Außenzelt und Liegen als kleine Ferienwohnung im mobilen Stil an. Auf der Grundlage des ungefähr 30 Zentimeter längeren Caddy Maxi gibt es als Ausbau des Reimo ebenfalls ein Waschbecken, eine Kochgelegenheit, Schränke und Tische dazu. Zudem ist es bei Spezialunternehmen möglich, Schränke, Kochmodule sowie Nachrüstsets mit Bett für den Kofferraum von Minivans wie den VW Touran anzufertigen.
Das dänische Unternehmen Wide Path Camper spezialisiert sich ebenfalls zunehmend auf die Produktion von Radlern.
Aktuell fertigt die Firma Mobile, die von 1,50 Meter auf bis zu 2,80 Meter ausgezogen werden können. Die für das Fahrrad geeigneten Miniwohnwagen sind nur 45 Kilogramm schwer. An Bord befindet sich ein Bettmodul, das zu einem Esstisch sowie einer Bank umfunktioniert werden kann. Auf Wunsch ist es möglich, das Küchenpaket dieses Sets mit einem Ofen, einer Spülschüssel, Kühlbox, einem faltbaren Wassertank, Solarzellen sowie USB-Buchsen aufzuwerten.
Große Begeisterung für die neuen Wohnwagen-Konzepte
All diese Fahrzeugmodelle finden aktuell großen Anklang. Allein im Jahr 2018 wurden deutschlandweit über 71.100 Reisemobile und Wohnwagen zugelassen. In Anbetracht der Corona-Pandemie werden sich diese Zahlen noch einmal zusätzlich erhöhen. Schließlich erlebt das Reisen in Wohnmobilen seit Beginn der Coronakrise einen bis dahin ungeahnten Boom.