Gesetzespaket gegen Hass und Hetze – Diese Aussagen sind ab sofort strafbar
Anfang April trat ein neues Gesetz gegen Hetze im Internet in Kraft. Deshalb sollten sich Internetnutzer ab sofort noch genauer überlegen, wie sie sich im Internet äußern oder nicht.
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Übliche Kommentare im Internet
„Ich haue dir ein paar aufs Maul.“ Aussagen wie diese würden die meisten Menschen wohl nicht direkt zu ihrem Gegenüber äußern. Doch im Internet ist die Situation anders. Wer einen Blick auf Twitter, Facebook oder andere Social Media-Portale wirft, begegnet regelmäßig solchen Kommentaren, die viele User sogar unter ihren tatsächlichen Namen publizieren. Allerdings werden solche Maßnahmen zumeist nicht geahndet, da Online-Plattformen und Behörden dieses Verhalten weitgehend ignorieren.
Doch zukünftig soll sich diese Situation ändern, da Anfang April ein Gesetzespaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Kraft trat.
Durch diese Gesetzesänderung werden mehrere Gesetze erweitert und verschärft.
Dadurch soll im Internet in Deutschland zukünftig mehr Ordnung herrschen.
Gefängnisstrafen von mehreren Jahren
Für Sätze wie „Ich schlage dir die Fresse ein“ drohen Adressaten der Postings in Zukunft bis zu zwei Jahre Gefängnis. Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass die Regierung mit § 241 BGB den sogenannten Bedrohungsparagrafen erweiterte.
Wurde bislang nur die Androhung eines Verbrechens – in erster Linie eine Morddrohung – als strafbar betrachtet, folgen rechtliche Konsequenzen in Zukunft auch für Drohungen gegen körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit oder Sachen bedeutenden Werts, die sich gegen Betroffene oder nahestehende Mitmenschen richten.
Negative Wunschäußerungen als Schlupfloch
Andere Sprüche wie „Der sollte an die Wand gestellt werden“ könnte in einem Internetkommentar ebenfalls in einer Anzeige münden, betont die Regierung auf ihrer Webseite. Schließlich bestimmte der Gesetzgeber speziell für solche Aussagen § 140 StGB über „Belohnung und Billigung von Straftaten“.
Nach Aussage von Experten nutzen Internetuser derartige Wunschäußerungen gern als Schlupfloch.
Ihrer Meinung nach wissen die meisten Menschen schließlich genau, dass es ein großer Unterschied ist, ob man einer Frau direkt mit einer Vergewaltigung droht oder sie „vergewaltigt sehen“ möchte. Für Betroffene sind jedoch beide Aussagen in gleicher Weise negativ behaftet.
Anfeindungen an Politiker
In jüngster Vergangenheit kristallisierte sich heraus, dass der Anteil solcher Fälle vor allem in Verbindung mit Corona-Demos deutlich angestiegen ist. Insbesondere bei Kommunalpolitikern habe es in den vergangenen Monaten einen deutlichen Zuwachs gegeben. Einer aktuellen Untersuchung der Heinrich-Böll-Stiftung zufolge wurden zahlreiche Lokalpolitiker in letzter Zeit mit diesen Gewalterfahrungen konfrontiert.
Ein trauriges Beispiel ist Markus Nierth als ehemaliger Bürgermeister von Tröglitz, der im Jahr 2015 nach Drohungen durch Nazis sogar seinen Rücktritt erklärte. Ereignisse wie diese seien für eine Demokratie bedrohlich, da Kommunalpolitik für eine gut funktionierende Demokratie unerlässlich ist. Diesen Standpunkt vertritt die Regierung ebenfalls und erließ zu diesem Thema ein Gesetz. Seitdem wurde „üble Nachrede gegen Personen des politischen Lebens“ in § 188 StGB auf sämtliche politische Ebenen erweitert, so dass ebenfalls Kommunalpolitiker berücksichtigt werden. Zudem dient dieses Gesetzespaket als Schutz für medizinische Notdienste.
Außerdem sehen die Gesetzesänderungen vor, dass antisemitische Tatmotive ausdrücklich als ein strafschärfender Beweggrund ins Strafgesetzbuch integriert werden sollten. Mit dieser Maßnahme soll einem deutlichen Anstieg von antisemitischen Straftaten vorgebeugt werden.
Weiterleitungen ans Bundeskriminalamt
Debattiert werden in erster Linie zwei Änderungen. So ist beispielsweise davon die Rede, dass soziale Netzwerke ab 2022 etwaige strafbare Postings nicht mehr löschen, sondern an das Bundeskriminalamt unter Angabe der IP-Adresse der Nutzer weiterleiten sollen.
Mithilfe dieser IP-Adresse könnten Behörden den Standort der Täter einfacher ermitteln.
Nach einer Meldung durch die sozialen Plattformen sollten die Postings auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft werden. Außerdem drohe durch dieses Prinzip die Gefahr, dass Behörden übermäßig viele Meldungen erhalten und nicht alles abarbeiten können.
Eine erhoffte positive Trendwirkung durch neue Regeln
Dennoch sprechen auch Juristen von einer positiven Trendwirkung durch die neuen Regeln. Schließlich erhoffen sich Betroffene einen Abschreckungseffekt. Viele drohende Strafen wirken vielleicht im ersten Moment etwas überzogen. Doch andererseits ist es alles andere als normal, einer Frau im Internet eine Vergewaltigung zu wünschen und dadurch Strafbarkeitslücken systematisch auszunutzen.
Immerhin verbreiten sich derartige Hasskommentare binnen kürzester Zeit unter Tausenden von Menschen.
Ein Eingriff in die Grundrechte?
Auf der anderen Seite gleicht eine Verpflichtung der sozialen Plattformen zur Übermittlung der Daten an das BKA einem Eingriff in die Grundrechte. Die Herausforderung besteht unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit sowie des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung darin, die Strafverfolgung effektiv zu gestalten und dennoch das Grundrecht zu schonen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Internetnutzer aus Versehen in BKA-Akten vermerkt werden könnten, da soziale Plattformen möglicherweise auch Falschmeldungen weiterleiten.
Dieser Effekt ist natürlich nicht gewünscht.
Was können Nutzer unternehmen?
Betroffene digitaler Gewalt sollten im Bedarfsfall entsprechende Beratungsstellen kontaktieren. Denn auch wenn eine Strafanzeige erfolglos bleibt, tauchen die Daten wenigstens in Statistiken auf. Das genügt, um einen Handlungsbedarf abzuleiten. Wer nicht betroffen ist, sollte Kommentare auf Apps wie „MeldeHelden“ von HateAid melden, um den gesamten Vorgang zu vereinfachen.
Außerdem sind sich viele Experten sicher, dass Gesetzesänderungen für eine nachhaltige Änderung dieser Situation nicht genügen werden. Die Maßnahmen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch besteht noch ein hoher Handlungsbedarf im Bereich der Strafverfolgung. Änderungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sollten zukünftig online und offline die gleichen Regeln gelten. Doch bis es soweit ist, wird gewiss noch einige Zeit vergehen.