Was ist das Charivari?
Von Krallen über Zähne bis hin zu Muscheln oder Knochen: Menschen haben schon immer dazu tendiert, sich zu schmücken. Diese Tradition gilt auch für Bayern. Hier erfreut sich das Charivari großer Beliebtheit, das nur verschenkt oder vererbt werden darf.
Inhaltsverzeichnis
Schmuck im Wandel der Zeit
Bereits im Paläolithikum mochten es viele Menschen, sich mit Überresten von Tieren zu schmücken. Ob Schneckenhäuser, Krallen, Zähne, Muscheln oder Knochen – diese Hinterlassenschaften der Natur eigneten sich Menschen gern als Ketten oder Armbänder an.
Bis heute ist es in vielen Gebieten üblich, sich mit solchen Tierpreziosen zu verzieren.
Während Menschen in Alaska Bärenzahnketten und in Neuguinea Hundezähne bevorzugen, schmücken sich Einwohner Bayerns vorzugsweise mit Grandeln oder Charivaris.
Was sind Grandeln?
Als Grandeln werden stumpfe Eckzähne bezeichnet, die vom Rotwild oder Wiederkäuern aus dem Wald entstammen. Einst galten die Eckzähne als Jagdtrophäen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden die Grandeln ebenfalls als Trachtenschmuck geschätzt.
Die elfenbeinfarbigen Grandeln besitzen mehrere braune Stellen, die ebenfalls als Grandelbräunung bekannt sind. Dieser Farbton ist beim Wiederkäuen durch Gerbsäuren sowie Sekrete entstanden. Wird das Grandel für längere Zeit an der Luft aufbewahrt, verschwinden diese bräunlichen Stellen auf Dauer. Allerdings ist es eingefleischten Grandelkennern lieber, wenn diese Stellen deutlich sichtbar sind.
Besonderheiten des Charivari
Als Charivari wird hingegen eine rund 30 Zentimeter lange Kette bezeichnet, an der ein oder mehrere Anhänger befestigt werden. In der Version für Männer wird die Kette vor dem Hosenlatz einer Lederhose aufgehangen.
Ist die Charivari mit vielen Anhängern versehen, erinnert der Schmuck an einen Lendenschurz.
Charivaris für Frauen sind hingegen wesentlich filigraner verarbeitet und werden an Miedern der Dirndl befestigt. Neben Grandeln sind kleinere Geweih-Enden, Tierpfoten, Edelsteine, Silbermünzen, Krallen, Dachsbärte und weitere Trophäen klassische Anhänger für Charivaris.
Ein fester Bestandteil jeder Tracht in Bayern
Ursprünglich waren Charivaris in erster Linie als Schmuck für Männer gedacht. Einerseits diente das Schmuckstück als Jagdsymbol. Andererseits wurde das Charivari vor allem als Talisman für erfolgreiche Jagden genutzt. Die Jäger hängten sich alle Trophäen an ihr Charivari, die sie auf ihren Jagden geschossen hatten.
Einst wurde das Charivari übrigens mehr als Uhrkette denn als Latzanhänger verwendet. Inzwischen darf das Charivari bei keinem Trachtenputz mehr fehlen. Einige Bayern bevorzugen es, sich ihr Charivari selbst zusammenzustellen. Andere kaufen die fertig gestalteten Schmuckstücke in bayerischen Trachtenmodegeschäften.
Antike Charivaris wechseln in Einzelfällen sogar für mehrere hundert Euro den Besitzer. Wer ein Standard-Charivari erwirbt, muss für den Schmuck zum Teil nur weniger als 100 Euro bezahlen.
Details zur Wortbedeutung
Die Bezeichnung “Charivari” entstammt der französischen Sprache und bedeutet in deutscher Sprache soviel wie “Lärm” oder “Durcheinander”.
Der Name kommt nicht von ungefähr, da der Schmuck tatsächlich recht laut klimpert.
In klassischer Musik wird der Terminus “Charivari” ebenfalls verwendet. Komponisten verwenden den Begriff, um Unordnung oder Schreckensszenarios mit schrägen Dissonanzen darzustellen.
Veraltete Bräuche für Witwen
In Frankreich war es im Mittelalter sogar üblich, die Katzenmusik-Ständchen – die Charivari – für Witwen zum Besten zu geben, wenn die Frauen wieder zu früh geheiratet hatten. Wer aufgrund eines zu großen Altersunterschieds zwischen zwei Ehepartnern oder Ehebruch gegen Sittengesetze verstieß, wurde ebenfalls mit einem dissonanten Ständchen heimgesucht.
Die Misstöne verfolgten den Zweck, die Missstimmung in der Bevölkerung abzubilden. Damit brachten Menschen ihren Unmut über Handlungen und Entscheidungen zum Ausdruck, die moralischem Empfinden widersprachen. Verurteilte mussten nicht nur Spottgesänge und wilde Kakofonien über sich ergehen lassen. Zugleich wurden Verurteilte mit Vandalismus, körperlichen Züchtigungen, Vertreibungen oder einer Belagerung ihres Hauses bestraft.
Ähnliche Traditionen in Bayern
In Bayern wurden ähnliche Traditionen wie die französischen Charivaris gepflegt. Die Haberfeldzüge glichen einer Art Selbstjustiz, die gegen Unzüchtige, Ehebrecher und Wucherer durchgeführt wurden.
Während des Revolutionsjahres 1848 ertönte die Katzenmusik in Deutschland in erster Linie als Teil politischer Kundgebungen. Mittlerweile lassen digitale Medien die akustischen Charivaris wieder aufleben.