Finanzen

Finanzämter in Deutschland – Unausgewogenes Zinsverhältnis

Finanzämter in Deutschland – Unausgewogenes Zinsverhältnis
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Im zweiten Jahr in Folge haben Finanzämter in Deutschland mehr Zinsen gezahlt als kassiert. Das bedeutet, dass die Institutionen mehr Erstattungszinsen an steuerpflichtige Personen gezahlt und auf der anderen Seite weniger Nachzahlungszinsen eingenommen haben. Allein für 2020 mussten Finanzämter einen Minuswert von 351 Millionen Euro hinnehmen. Diese Angaben gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen der FDP-Fraktion hervor.

Das Blatt hat sich gewendet

Das Jahr 2020 ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem der Staat aufgrund einer Verzinsung von Steuererstattungen und Steuernachforderungen einen Verlust erleidet.
Im Jahr 2017 herrschten andere Verhältnisse vor. Damals verbuchten die Ämter einen Zinsgewinn von 367 Millionen Euro. Die Zahlen müssen deshalb als so kritisch betrachtet werden, da hierzulande schon seit vielen Jahren Uneinigkeit über die Höhe gesetzlich festgelegter Zinssätze herrscht.

Der Zinssatz für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen beläuft sich seit ungefähr 60 Jahren auf 0,5 Prozent pro Monat und dementsprechend auf sechs Prozent pro Jahr.

Nach Aussagen von Kritikern ist dieser Zinssatz aufgrund der massiven Niedrigzinsphase an Kapitalmärkten schon seit Längerem nicht mehr zeitgemäß.

Finanzamt erleidet Verlust
Das Jahr 2020 ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem der Staat aufgrund einer Verzinsung von Steuererstattungen und Steuernachforderungen einen Verlust erleidet – Bild: © Zerbor #271592779 – stock.adobe.com

Aktuell ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2018 gültig

Hintergrund der unausgewogenen Zinsverhältnisse ist übrigens eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018. In diesem Urteil zweifelten Richter daran, ob die Zinshöhe von sechs Prozent noch verfassungsgemäß ist. Seitdem darf jeder Steuerzahler den Antrag auf eine Vollziehung der Zinszahlung stellen. Aktuell müssen Steuerzahler so lange keine Zinsen für verspätete Steuerzahlungen entrichten, bis das Bundesverfassungsgericht diese Thematik endgültig geklärt hat.
Abhängig vom Ausgang der Auseinandersetzung hat der Staat auch nachträglich noch einen großen Anspruch auf die Auszahlungen. Allerdings ist bislang noch nicht geklärt, wann die Entscheidung fällt.

Eine Änderung wird gefordert

Wie Markus Herbrand als Finanzexperte der FDP betont, sollte der „unter Bundeskanzler Adenauer eingeführte Wucherzins des Finanzamts umgehend reformiert“ werden. Seiner Meinung nach kann nicht einfach abgewartet werden, bis das zuständige Verfassungsgericht die Situation als klar verfassungswidrige Regelung einstufe.