„Warum tue ich mir das an?“ – Spätestens nach den ersten Lektionen einer neuen Sprache stellen sich viele Menschen diese Frage. Manchmal kommt einem die neue Sprache einfach wahnsinnig kompliziert und schwer vor. Aber entspricht das tatsächlich der Realität oder ist das nur unsere subjektive Wahrnehmung? Was zeichnet eine schwierige Sprache aus und gehört isländisch dazu?
Inhaltsverzeichnis
Objektive Kriterien bestimmen den Schwierigkeitsgrad einer Sprache
Um beurteilen zu können, ob isländisch eine schwere Sprache ist oder nicht, müssen wir uns die Kriterien ansehen. Objektiv betrachtet gehören neben der Grammatik auch die Deklination und Konjugation zu diesen dazu.
Sprachen werden im Allgemeinen nach semantischen, grammatikalischen und phonologischen Merkmalen untersucht.
Die Anzahl und Art der im Alphabet vorkommenden Buchstaben sowie die Häufigkeit von Vokalen und Konsonanten spielen ebenfalls eine große Rolle, um die Schwierigkeit der Sprache zu bestimmen. Gleichermaßen beeinflussen die Laute einer Sprache die Beurteilung.
Wie schwer ist isländisch?
Hjálp ég er týndur! – Das bedeutet auf Isländisch „Hilfe, ich bin verloren.“ Genau so fühlt es sich an, wenn Menschen versuchen diese Sprache zu erlernen. Die einzigartig aussehenden Buchstaben und die schwierig klingenden Silben sind kaum zu verstehen und lassen Englisch zum Beispiel wie einen Spaziergang im Park wirken.
Falls Sie Probleme haben, die isländische Sprache zu lernen, sind Sie damit nicht alleine. Isländisch gehört eindeutig zu eine der schwersten Sprachen der Welt. Da die Insel geografisch sehr abgeschieden ist, unterliegt sie kaum auswärtigen Einflüssen. Aufgrund dessen blieb das Isländische unverfälscht erhalten und ist nun die älteste, noch gesprochene indogermanische Sprache.
Isländisch ist voll von Lauten, die in keiner anderen Sprache weltweit vorhanden sind.
Die Aussprache sowie das System der Umlaute sind wahnsinnig komplex. So auch die Grammatik. Die ebenfalls komplexe Grammatik und das archaische Vokabular stufen Isländisch als eine der schwierigsten zu erlernenden Sprachen überhaupt ein.
Isländisch im Detail
Wie schon gesagt ist Isländisch eine indogermanische Spreche, die germanische Wurzeln hat und auch eng mit Norwegisch und Färöisch verwandt ist. Die Wörter sind extrem lang und auch die spezifischen Silben werden völlig anders ausgesprochen als uns bekannt ist. Die Aussprache der Wörter ist schwierig und die Konjugationen sehr verwirrend.
Verben werden je nach Laune, Stimmung, Geschlecht, Zeit, Anzahl und Stimmlage konjugiert. Verwirrend, sagte ich ja. Welche Endung auf welches Wort kommt dem Rätselraten gleich – allerdings einem sehr schwierigen Rätsel.
Das isländische Alphabet
Das isländische Alphabet hat 32 Buchstaben und die haben es in sich:
Aa Áá Bb Dd Ðð Ee Éé Ff Gg Hh Ii Íí Jj Kk Ll Mm Nn Oo Óó Pp Rr Ss Tt Uu Úú Vv Xx Yy Ýý Þþ Ææ Öö
Obwohl die Buchstaben wie andere aussehen, werden sie unterschiedlich ausgesprochen. Die Sprache ist sehr phonetisch. Wenn Sie lernen, die Buchstaben richtig auszusprechen, können Sie auch die Wörter und Sätze richtig aussprechen und lesen. Allerdings ist das leichter gesagt, als getan und heißt nicht, dass Sie automatisch alles verstehen. C, Q, W und Z existieren übrigens nicht. Harte und weiche Vokale und Konsonanten, die auf dem Papier ähnlich aussehen, können nur wegen Interpunktion oder Wortplatzierung im Satz völlig verschieden klingen.
Die exakt selben Buchstaben im selben Wort können zudem komplett unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein einfaches Wort kann stark durch die Partikel drum herum verändert werden. Auch durch die Konjugationen nach unterschiedlichen Begebenheiten kann dazu führen, dass ein Wort schnell mal fünf Bedeutungen haben kann.
Theoretisch kann jeder ein neues Wort erfinden
Klingt lustig für Sie? Ist aber (theoretisch) die Wahrheit. Die Sprache ist sehr alt und hat sich über Jahrhunderte hinweg kaum verändert. Neue isländische Wörter werden häufig erfunden und das von einem speziellen Wortkomitee.
Einige der neu kreierten Wörter etablieren sich dann im täglichen Sprachgebrauch, andere eher weniger.
Das ist etwas sehr Besonderes an Isländisch und etwas, worauf die Einwohner sehr stolz sind. Während fast alle anderen Sprachen dieser Welt die gleichen Wortwurzeln benutzen, wollen die Isländer ausnahmslos eigene, individuelle Wörter bilden. Das macht das Ganze natürlich noch faszinierender als ohnehin schon.
Schwer, aber nicht unmöglich
Natürlich ist Isländisch eine schwere Sprache, aber lernen kann man diese trotzdem. Für deutsche Muttersprachler soll es übrigens weniger schwierig sein als zum Beispiel für Engländer. Falls Sie wirklich daran interessiert sind, Isländisch zu lernen, planen Sie einfach viel Zeit ein und gebrauchen die Sprache aktiv. Über Kommunikation lernen wir am schnellsten, deswegen sollten Sie sich einen Sprachlehrer oder Gleichgesinnte suchen.
Sprache kann nur durch Sprechen wirklich gelernt werden, auch wenn Sie die Grundlagen aus Büchern haben.
Andere schwierige Sprachen
Mongolisch gehört so wie Isländisch zu den agglutinierenden Sprachen. Gemeint ist, dass Zeit, Kasus und Person einfach an ein vorangegangenes Wort angehängt werden. Auch Navajo ist eine sehr schwierige Sprache. Diese gehört zu den Apache-Sprachen und ist für Nichtmuttersprachler so unfassbar komplex, dass sie tatsächlich im zweiten Weltkrieg als Geheimsprache verwendet wurde. Navajo konnte von den Feinden nicht entschlüsselt werden und hat im Gegensatz zu anderen Sprachen keine Adjektive und wenig Substantive, aber dafür viele Verben.
Finnisch, Ungarisch, Griechisch, Arabisch, Chinesisch und Japanisch sind uns durchaus ein Begriff und wohl verständlich, dass auch diese eher zu den schwer erlernenden Sprachen gehören. Jede hat seine eigenen Tücken und Besonderheiten – manche haben bis zu 40 Fälle. Zu guter Letzt wäre da noch Tuyuka, die nur von 500-1000 Menschen im Amazonasgebiet gesprochen wird und schon allein deswegen außergewöhnlich ist.